Neuigkeiten - Recht

Streit in der WEG: Beschlussersetzung ausgeschlossen - Hilfsantrag erfolgreich

Streitigkeiten von Wohnungseigentümergemeinschaften (WEG) landen immer wieder vor Gericht. Vor dem Bundesgerichtshof (BGH) ging es um die grundsätzliche Vorgehensweise, wenn einer der Eigentümer gegen einen Beschluss der WEG erfolgreich sein möchte.

Streitigkeiten von Wohnungseigentümergemeinschaften (WEG) landen immer wieder vor Gericht. Vor dem Bundesgerichtshof (BGH) ging es um die grundsätzliche Vorgehensweise, wenn einer der Eigentümer gegen einen Beschluss der WEG erfolgreich sein möchte.

In einer der Erdgeschosswohnungen der WEG gab es eine Außentür, die keine Türschwelle hatte und von außen abgeschlossen werden konnte. Der Wohnungseigentümer konnte von außen also durch diese Tür seine Wohnung betreten und war somit nicht auf die eigentliche Eingangstür angewiesen. Nun war diese Außentür erneuerungsbedürftig, und die Eigentümerversammlung beauftragte die WEG - vertreten durch den Verwalter -, dementsprechend tätig zu werden. Der Verwalter setzte den Beschluss um, allerdings ließ er nun eine mit einer 10 cm hohen Türschwelle versehene Terrassentür einbauen, die nicht von außen abgeschlossen werden konnte. Damit war der Wohnungseigentümer nicht einverstanden. Er zog schließlich vor Gericht und beantragte

  • eine Beschlussersetzung, wonach eine abschließbare Außentür ohne Türschwelle eingebaut werden sollte, sowie
  • hilfsweise eine in das Ermessen des Gerichts gestellte Entscheidung, nach der eine mindestens der ursprünglich vorhandenen Tür entsprechende Tür eingesetzt werden muss.

Nun kam es zur Entscheidung des BGH, und dessen Senat urteilte, dass der Kläger keinen Anspruch auf eine Beschlussersetzung habe. Eine gerichtliche Beschlussersetzung ist grundsätzlich ausgeschlossen, wenn die verlangte Maßnahme bereits Gegenstand einer positiven Beschlussfassung war. Mit dem Hilfsantrag kam der Eigentümer allerdings weiter. Denn dieser Antrag hatte eine klarstellende Funktion - und es bestand schließlich ein Bedürfnis für eine Klarstellung. Der damals auf der Eigentümerversammlung gefasste Beschluss musste dahingehend klargestellt werden, dass die zu erneuernde Terrassentür ebenerdig und von außen abschließbar sein muss. Denn das entsprach der vorherigen Tür - und damit der Rechtslage.

Hinweis: Eine gerichtliche Beschlussersetzung darf durch ein Gericht nicht mehr erfolgen, wenn die verlangte Maßnahme bereits Gegenstand einer Beschlussfassung von den Wohnungseigentümern war, die nicht angefochten wurde.


Quelle: BGH, Urt. v. 16.12.2022 - V ZR 263/21
zum Thema: Mietrecht

(aus: Ausgabe 05/2023)

Ausübung rechtsmissbräuchlich: Widerspruch beim Abschluss der Lebensversicherung nach 29 Jahren

Vielfach konnten neuabgeschlossene Lebensversicherungen innerhalb einer bestimmten Frist widerrufen werden. War der Hinweis auf den Widerruf nicht ordnungsgemäß erfolgt, galt auch die im Widerruf aufgeführte Frist nicht. Entsprechend ist dann auch ein Widerruf nach vielen Jahren noch möglich. Dass es jedoch auch hier Grenzen gibt, zeigt der Fall des Landgerichts Köln (LG).

Vielfach konnten neuabgeschlossene Lebensversicherungen innerhalb einer bestimmten Frist widerrufen werden. War der Hinweis auf den Widerruf nicht ordnungsgemäß erfolgt, galt auch die im Widerruf aufgeführte Frist nicht. Entsprechend ist dann auch ein Widerruf nach vielen Jahren noch möglich. Dass es jedoch auch hier Grenzen gibt, zeigt der Fall des Landgerichts Köln (LG).

Eine Frau hatte im November 1994 bei einer Versicherung eine fondsgebundene Lebensversicherung abgeschlossen. Auf Seite 1 des Antragsformulars war folgende Belehrung enthalten: "Ich kann meinen Antrag auf Lebensversicherung innerhalb von 10 Tagen nach seiner Unterzeichnung widerrufen ..." Als die Versicherung zum 01.12.2009 ablief, zahlte die Versicherung 83.832 EUR. Am 04.11.2021 erklärte die Frau dann den Widerspruch. Sie war der Ansicht, sie habe sich mangels ordnungsgemäßer Belehrung auch noch im Jahr 2021 von dem Vertrag lösen können und wollte nun weitere 28.431 EUR sowie die Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten. Die Versicherung meinte jedoch, die Ausübung des Widerspruchsrechts sei rechtsmissbräuchlich.

Das LG sah dies genauso. Die Ausübung des Widerspruchsrechts war nach 29 Jahren unzulässig und stellte sich als grob widersprüchliches und damit gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstoßendes Verhalten dar. Der Versicherer musste daher mit einem Widerspruch des Versicherungsnehmers nicht mehr rechnen. Auch die Versicherungsnehmerin war insoweit nicht mehr schutzwürdig.

Hinweis: Die Gerichte sind mit dem Grundsatz des Verfalls wegen Zeitablauf sehr restriktiv. Trotzdem ist irgendwann Schluss - nach diesem Urteil spätestens nach 29 Jahren.


Quelle: LG Köln, Urt. v. 11.01.2023 - 12 O 60/22
zum Thema: Sonstiges

(aus: Ausgabe 05/2023)

Unterlassungsverfügung: Briefkastenaufkleber "Bitte keine Werbung einwerfen!" besser nicht ignorieren

Papier ist ja bekanntlich geduldig. Wie bindend aber der allseits beliebte Briefkastenaufkleber "Bitte keine Werbung einwerfen" für werbetreibende Unternehmen eigentlich ist, war Gegenstand des Falls, der kürzlich vor dem Amtsgericht München (AG) landete.

Papier ist ja bekanntlich geduldig. Wie bindend aber der allseits beliebte Briefkastenaufkleber "Bitte keine Werbung einwerfen" für werbetreibende Unternehmen eigentlich ist, war Gegenstand des Falls, der kürzlich vor dem Amtsgericht München (AG) landete.

Bei einer Briefkastenanlage waren sämtliche Briefkästen mit dem Hinweis "Bitte keine Werbung einwerfen" gekennzeichnet. Ein Mann hatte dort trotzdem zwei Werbeflyer einer Umzugsfirma gefunden, die in eine Ritze zwischen einem Briefkasten und einem darunter liegenden Spalt der Briefkastenanlage geklemmt waren. Er legte eine Unterlassungsklage ein.

Das AG war da ganz auf seiner Seite: Nach den Grundsätzen des Anscheinsbeweises ging es davon aus, dass die Handzettel eines Unternehmens auch von Werbeverteilern, die für das Unternehmen tätig sind, im Zuge von Werbeaktionen eingeworfen wurden. Hierbei handelt es sich um einen typischen Geschehensablauf. Die pauschale Behauptung, Dritte könnten Handzettel verteilt haben, steht diesem Anscheinsbeweis nicht entgegen. Deshalb stand dem Mann ein Anspruch auf Unterlassung zu. Er wurde in seinem Besitz rechtswidrig gestört. Es bestand außerdem eine Wiederholungsgefahr.

Hinweis: Wer gegen unerwünschte Werbung vorgehen will, kann das durch eine Unterlassungsverfügung tun. Im Wiederholungsfall wird es dann für das verteilende Unternehmen sehr teuer.


Quelle: AG München, Urt. v. 18.03.2022 - 142 C 12408/21
zum Thema: Sonstiges

(aus: Ausgabe 05/2023)

Beibehaltung der Ausführungsart: Schönheitsreparaturklauseln führen auch im Gewerbemietrecht schnell zur Unwirksamkeit

Dass in gängigen Mietvertragsklauseln im Wohnraummietrecht viele Schönheitsreparaturklauseln unwirksam sind, ist mittlerweile bekannt. Ebenso bekannt ist es auch, dass sich Wohnraum- und Gewerbemietrecht in einigen, aber entscheidenden Punkten unterscheiden, allen voran die Kündigungsbedingungen. Dennoch weisen sie auch Gemeinsamkeiten auf, wie das Brandenburgische Oberlandesgericht (OLG) im Folgenden dargelegt hat.

Dass in gängigen Mietvertragsklauseln im Wohnraummietrecht viele Schönheitsreparaturklauseln unwirksam sind, ist mittlerweile bekannt. Ebenso bekannt ist es auch, dass sich Wohnraum- und Gewerbemietrecht in einigen, aber entscheidenden Punkten unterscheiden, allen voran die Kündigungsbedingungen. Dennoch weisen sie auch Gemeinsamkeiten auf, wie das Brandenburgische Oberlandesgericht (OLG) im Folgenden dargelegt hat.

Ein Vermieter und eine Mieterin stritten über eine ganze Reihe von Punkten eines Gewerberaummietverhältnisses. Dabei ging es insbesondere um vertraglich vereinbarte Schönheitsreparaturen. Danach musste die Mieterin die Schönheitsreparaturen durchführen, war aber nach dem Vertrag nicht befugt, "ohne Zustimmung des Vermieters von der bisherigen Ausführungsart abzuweichen". Schließlich hat der Vermieter die Mieterin verklagt, unter anderem auf Zahlung von Malerarbeiten und sonstigen Schönheitsreparaturen. Damit kam er allerdings nicht weiter.

Eine Formularklausel, wonach der Mieter nur mit Zustimmung des Vermieters von der bisherigen "Ausführungsart" abweichen darf, verstößt laut OLG gegen das Klarheitsgebot des § 305c Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch - und ist damit unwirksam. Der Begriff "Ausführungsart" ist mehrdeutig und kann sich auf die Grundausstattung, auf die Ausgestaltung im Einzelnen oder gar auf beides beziehen. Die teilweise Unwirksamkeit der Schönheitsreparaturklausel schlug somit auf die Gesamtregelung durch und machte diese insgesamt unwirksam. Für die nicht durchgeführten Malerarbeiten musste die Mieterin nichts bezahlen.

Hinweis: Auch im Gewerberaummietrecht können Mietvertragsklauseln unwirksam sein. Und das geht fast immer zu Lasten des Vermieters. Die Möglichkeit der Revision wurde für die Frage zugelassen, ob überhaupt sogenannte Dekorationsklauseln im Gewerbemietrecht unwirksam sein können. Vieles spricht jedoch für die Richtigkeit dieser Entscheidung. Der Mieter von Geschäftsraum ist in noch stärkerem Maße als der Wohnraummieter darauf angewiesen, dass er die Räume nach seinen Bedürfnissen gestalten kann.


Quelle: Brandenburgisches OLG, Urt. v. 06.12.2022 - 3 U 132/21
zum Thema: Mietrecht

(aus: Ausgabe 05/2023)

Enterbung trotz Verzeihung: Unwirksamkeit von Pflichtteilsentzug macht Enterbung nicht automatisch unwirksam

Ein Erblasser hat unter gewissen Voraussetzungen das Recht, den Berechtigten den Pflichtteil zu entziehen. Bringt der Erblasser später zum Ausdruck, dass er die Verfehlung nicht mehr als so schwerwiegend betrachtet, spricht man von einer Verzeihung, die den Pflichtteilsentzug unwirksam macht. Das Oberlandesgericht Karlsruhe (OLG) musste sich mit der Frage auseinandersetzen, ob die Unwirksamkeit einer Pflichtteilsentziehung durch Verzeihung auch gleichzeitig zur Unwirksamkeit einer Enterbung führt.

Ein Erblasser hat unter gewissen Voraussetzungen das Recht, den Berechtigten den Pflichtteil zu entziehen. Bringt der Erblasser später zum Ausdruck, dass er die Verfehlung nicht mehr als so schwerwiegend betrachtet, spricht man von einer Verzeihung, die den Pflichtteilsentzug unwirksam macht. Das Oberlandesgericht Karlsruhe (OLG) musste sich mit der Frage auseinandersetzen, ob die Unwirksamkeit einer Pflichtteilsentziehung durch Verzeihung auch gleichzeitig zur Unwirksamkeit einer Enterbung führt.

Der Erblasser hatte im Jahr 2016 eine letztwillige Verfügung errichtet, in der er bestimmt hat, dass er seine Kinder enterbt und ihnen auch den Pflichtteil wegen groben Undanks entzieht. Dieser Verfügung vorausgegangen war eine Auseinandersetzung über die von den Kindern veranlasste Unterbringung der Ehefrau des Erblassers - zunächst bei einem der Kinder und später in einem Seniorenheim. In diesem Zusammenhang war der Erblasser insbesondere der Ansicht, dass die von der Ehefrau den Kindern erteilte Vollmacht, die auch eine Fremdunterbringung beinhaltete, gefälscht sei. Im Rahmen einer gerichtlichen Auseinandersetzung wurde dann aber durch ein Gutachten festgestellt, dass es sich um eine von der Ehefrau selbst erteilte Vollmacht gehandelt hatte. Daraufhin erteilte der Erblasser einem seiner Kinder selbst eine umfassende Vollmacht. Nach dem Tod des Erblassers verweigerte das Nachlassgericht die Erteilung eines gemeinschaftlichen Erbscheins jedoch mit der Begründung, dass die Kinder aufgrund des Testaments aus dem Jahr 2016 wirksam enterbt worden seien.

Dieser Ansicht schloss sich auch das OLG im Ergebnis an. Insbesondere führte es aus, dass mit der Vollmachterteilung durch den Erblasser zugunsten eines der Kinder die Voraussetzungen einer Verzeihung nicht vorgelegen hätten. Dies sei nur dann der Fall, wenn der Erblasser in der Folge des Zerwürfnisses zu einem späteren Zeitpunkt anderweitig testiert hätte. Das hatte er jedoch nicht getan, weshalb - selbst bei Vorliegen einer Verzeihung - nicht automatisch davon ausgegangen werden könne, dass damit auch die Enterbung unwirksam sei. Hierfür wäre erforderlich, dass sich der Wille des Erblassers hätte feststellen lassen, wonach die Unwirksamkeit der Pflichtteilsentziehung durch Verzeihung auch gleichzeitig die Unwirksamkeit der Enterbung nach sich ziehen sollte. Dies konnte weder das Amtsgericht noch das OLG im konkreten Fall feststellen.

Hinweis: Die Unwirksamkeit einer Teilverfügung führt nur dann zur Unwirksamkeit der übrigen Verfügungen, wenn davon auszugehen ist, dass der Erblasser die eine nicht ohne die andere Verfügung getroffen hätte.


Quelle: OLG Karlsruhe, Beschl. v. 08.02.2023 - 11 W 94/21
zum Thema: Erbrecht

(aus: Ausgabe 05/2023)

Geltendmachung nicht weiterverfolgt: Inkrafttreten der Pflichtteilsstrafklausel setzt tatsächlich erfolgte Zahlung voraus

Mithilfe von sogenannten Pflichtteilsstrafklauseln versuchen Erblasser, den Nachlass ungekürzt dem Erben zuzuwenden. Im Fall des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main (OLG) musste geklärt werden, ob eine anfängliche Geltendmachung des Pflichtteils die Strafklausel in Kraft setzt oder ob eine solche erst dann greift, wenn dieser Ankündigung auch Tatsachen folgen - sprich, wenn der Pflichtteilsanspruch weiterverfolgt und entsprechend ausbezahlt wurde.

Mithilfe von sogenannten Pflichtteilsstrafklauseln versuchen Erblasser, den Nachlass ungekürzt dem Erben zuzuwenden. Im Fall des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main (OLG) musste geklärt werden, ob eine anfängliche Geltendmachung des Pflichtteils die Strafklausel in Kraft setzt oder ob eine solche erst dann greift, wenn dieser Ankündigung auch Tatsachen folgen - sprich, wenn der Pflichtteilsanspruch weiterverfolgt und entsprechend ausbezahlt wurde.

Hier hatten sich die Eheleute im Jahr 2022 mit einem privatschriftlichen gemeinschaftlichen Testament gegenseitig zu Alleinerben eingesetzt. Des Weiteren hatten sie verfügt, dass sie davon ausgehen, dass keines der drei Kinder einen Anspruch auf einen Pflichtteil nach dem Tod des erstversterbenden Elternteils geltend macht. Nach dem Tod des Überlebenden sollten alle drei Kinder zu gleichen Teilen Erben werden. Ausgenommen dabei war dasjenige Kind, das einen Pflichtteil beansprucht und erhalten habe.

Nach dem Tod des vorverstorbenen Vaters hat eine Tochter gegenüber der Erblasserin einen Pflichtteilsanspruch geltend gemacht und Auskunft über den Nachlass verlangt. Nach Erteilung der Auskunft wurde der Pflichtteilsanspruch nicht weiterverfolgt, insbesondere kam es auch nicht zu einer Zahlung eines Pflichtteils. Nach dem Tod der Erblasserin waren zwei Töchter dennoch der Ansicht, dass ein gemeinschaftlicher Erbschein für lediglich zwei Miterbinnen erteilt werden müsse, da die andere Tochter durch die Geltendmachung des Pflichtteils nicht mehr Erbin geworden sei.

Dieser Ansicht hat sich das OLG jedoch nicht angeschlossen und die Beschwerde gegen die Erteilung eines gemeinschaftlichen Erbscheins mit einer Erbquote von jeweils einem Drittel zurückgewiesen. Im Kern hat das OLG die Entscheidung damit begründet, dass der Sinn der Strafklausel gerade darin besteht, dem überlebenden Ehegatten den Nachlass ungeschmälert zuzuwenden. Daher greife die Strafklausel auch nur dann ein, wenn es tatsächlich zu einem Abfluss von Geldmitteln aus dem Nachlass komme.

Hinweis: Liegt eine Pflichtteilsstrafklausel vor, ist bei Erteilung des Erbscheins an Eides statt zu versichern, dass kein Erbe einen Pflichtteil geltend gemacht hat.
 
 


Quelle: OLG Frankfurt am Main, Beschl. v. 21.02.2023 - 21 W 104/22
zum Thema: Erbrecht

(aus: Ausgabe 05/2023)

Verwalter mit Verlustgeschäft: Unerwartet hohes Arbeitsaufkommen gehört zum unternehmerischen Risiko

Verwalter von Wohneigentum haben es alles andere als leicht, wenn sie Verluste einfahren. Wenn sich herausstellt, dass der Aufwand nicht mehr in akzeptabler Relation zur Vergütung steht, kann ein Verwalter im Nachhinein diese nicht so einfach per Beschluss erhöhen lassen. Warum nicht, das zeigt der folgende Fall des Amtsgerichts Köln (AG).

Verwalter von Wohneigentum haben es alles andere als leicht, wenn sie Verluste einfahren. Wenn sich herausstellt, dass der Aufwand nicht mehr in akzeptabler Relation zur Vergütung steht, kann ein Verwalter im Nachhinein diese nicht so einfach per Beschluss erhöhen lassen. Warum nicht, das zeigt der folgende Fall des Amtsgerichts Köln (AG).

Eine Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) bestellte einen neuen Verwalter. Im Vertrag war festgelegt, dass die Tätigkeiten des Verwalters für Versicherungsschäden am Gebäude von der Festvergütung umfasst sein sollten. Nun kam es, wie es kommen musste: Es gab alleine im Jahr 2022 insgesamt 20 Versicherungsschäden, zudem mussten Versicherungsfälle aus den Vorjahren abgewickelt werden. Der Verwalter war nun der Auffassung, mit der ursprünglich vereinbarten Vergütung nicht auszukommen. Somit wurde auf der Eigentümerversammlung beschlossen, dass ergänzend zum geschlossenen Verwaltervertrag für die Bearbeitung von Versicherungsschäden eine Sondergebühr über 300 EUR je Versicherungsschaden an den Verwalter gezahlt werden muss. Dagegen klagte ein Eigentümer.

Das AG war auf der Seite des Klägers und erklärte den gefassten Beschluss für unwirksam. Denn der Verwalter hatte keine Gründe vorgetragen, die ausnahmsweise eine nachträgliche Erhöhung der Vergütung rechtfertigen würden. Es gehört zum Geschäftsleben des Verwalters, gute und schlechte Geschäfte zu machen. Ein Verlustgeschäft liegt jedoch im unternehmerischen Risiko des Verwalters. Der Verwalter hätte einfach bei Abschluss des Vertrags besser verhandeln müssen.

Hinweis: Es gehört also zum Geschäftsleben von WEG-Verwaltern, auch einmal ein Verlustgeschäft zu tätigen. Wenn der kalkulierte Aufwand geringer ist als der veranschlagte, meckert niemand.


Quelle: AG Köln, Urt. v. 17.01.2023 - 215 C 58/22
zum Thema: Mietrecht

(aus: Ausgabe 05/2023)

WEG gegen Balkonkraftwerk: Photovoltaikinstallation erfordert Zustimmung aller Eigentümer

Schön sind sie sicher nicht. Aber Klimawandel und die ökonomischen Folgen des Ukrainekriegs machen Photovoltaikanlagen zu Recht immer beliebter. Dass diese jedoch nicht überall angebracht werden dürfen, musste schon mancher erfahren. Im Folgenden traf es eine Eigentümerin, die auf Betreiben der Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) vom Amtsgericht Konstanz (AG) ausgebremst werden musste.

Schön sind sie sicher nicht. Aber Klimawandel und die ökonomischen Folgen des Ukrainekriegs machen Photovoltaikanlagen zu Recht immer beliebter. Dass diese jedoch nicht überall angebracht werden dürfen, musste schon mancher erfahren. Im Folgenden traf es eine Eigentümerin, die auf Betreiben der Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) vom Amtsgericht Konstanz (AG) ausgebremst werden musste.

Hierbei ging es um eine Wohnungseigentumsanlage mit 34 Wohnungen. Der Mieter einer der Wohnungen hatte an der Außenseite seines Balkons eine Minisolaranlage angebracht - zwar mit Zustimmung der Eigentümerin, aber ohne Zustimmung der übrigen Eigentümer. Das "Balkonkraftwerk" hatte ein Solarmodul mit der Größe von 168 cm x 100 cm und war an einen Wechselrichter angeschlossen. Das gefiel nicht allen Eigentümern, und so wurde auf einer Eigentümerversammlung der Beschluss gefasst, den Verwalter zu beauftragen, alle rechtlichen Mittel gegen die rechtswidrigen baulichen Veränderungen zu ergreifen. Dagegen zog die Eigentümerin der Wohnung vor das AG - jedoch vergeblich.

Denn im Gesetz gibt es eine sogenannte Bausperre für bauliche Veränderungen ohne Zustimmung der Eigentümer. Und das AG war der Auffassung, dass die Montage der Photovoltaikanlage eine solche Veränderung darstellt. Auch die Tatsache, dass sogenannte Wallboxen unter Umständen zu erlauben sind, änderte nichts an dem hier bestehenden Veränderungsverbot.

Hinweis: Nach Ansicht des AG ist also das Anbringen einer Photovoltaikanlage außen am Balkon nicht in einer WEG erlaubt - es sei denn, alle Eigentümer stimmen zu.


Quelle: AG Konstanz, Urt. v. 09.02.2023 - 4 C 425/22 WEG
zum Thema: Mietrecht

(aus: Ausgabe 05/2023)

Feststellung widerlegbar: Nachlassgläubiger wird durch Erbenvermutung für den Fiskus nicht in seinen Rechten beeinträchtigt

Ein Nachlass kann nicht herrenlos sein. Existieren von vornherein keine Erben oder sind diese durch eine Ausschlagung weggefallen, steht als letzter möglicher Erbe der Fiskus fest. Dem Fiskus selbst steht ein Ausschlagungsrecht nicht zu. Stellt das Nachlassgericht fest, dass ein anderer Erbe als im konkreten Fall das Land Niedersachsen nicht vorhanden ist, handelt es sich hierbei aber lediglich um eine widerlegbare Vermutung. Das stellte das Oberlandesgericht Celle (OLG) im folgenden Fall eindeutig dar.

Ein Nachlass kann nicht herrenlos sein. Existieren von vornherein keine Erben oder sind diese durch eine Ausschlagung weggefallen, steht als letzter möglicher Erbe der Fiskus fest. Dem Fiskus selbst steht ein Ausschlagungsrecht nicht zu. Stellt das Nachlassgericht fest, dass ein anderer Erbe als im konkreten Fall das Land Niedersachsen nicht vorhanden ist, handelt es sich hierbei aber lediglich um eine widerlegbare Vermutung. Das stellte das Oberlandesgericht Celle (OLG) im folgenden Fall eindeutig dar.

Hier war ein Nachlassgläubiger nämlich der Ansicht, durch den erfolgten Beschluss des Nachlassgerichts, dass das Land Niedersachsen zum letztmöglichen Erbe geworden sei, in seinen Rechten beeinträchtigt zu sein. Offenbar war bei dem Nachlassgläubiger die Hoffnung vorhanden, seine Forderung noch erfolgreich durchsetzen zu können. Dies könne er, so das OLG, aber auch trotz der Feststellung, dass das Land Niedersachsen Erbe geworden sei. Denn der Gläubiger könne die Ansprüche weiterhin gegen das Land Niedersachsen oder gegen den aus seiner Sicht wahren Erben geltend machen - sofern ein solcher noch ermittelt werden kann.

Hinweis: Sollten andere Erben zu einem späteren Zeitpunkt noch ermittelt werden, muss der Beschluss, mit dem der Fiskus als Erbe festgestellt wurde, von Amts wegen aufgehoben werden.


Quelle: OLG Celle, Beschl. v. 22.03.2023 - 6 W 31/23
zum Thema: Erbrecht

(aus: Ausgabe 05/2023)

Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft: Wer zum Eigentümer einer Mietwohnung wird, wird nicht zwingend alleiniger Vermieter

Manch einer mag denken, dass eine Erbschaft (s)einen Haufen an Problemen lösen kann. Doch eine Erbschaft kann auch Probleme schaffen, die man vorher nicht hatte. Wer sich beispielsweise wie ein König mit eigenem Reich fühlt, wenn er als Erbe zu Wohneigentum gelangt, sollte sich den Fall des Amtsgerichts Köln (AG) zu Gemüte führen.

Manch einer mag denken, dass eine Erbschaft (s)einen Haufen an Problemen lösen kann. Doch eine Erbschaft kann auch Probleme schaffen, die man vorher nicht hatte. Wer sich beispielsweise wie ein König mit eigenem Reich fühlt, wenn er als Erbe zu Wohneigentum gelangt, sollte sich den Fall des Amtsgerichts Köln (AG) zu Gemüte führen.

Es ging um Mieter einer Wohnung, deren ursprüngliche Vermieterin verstarb. Daraufhin wurde eine Erbengemeinschaft aus zwei Töchtern und dem Sohn der verstorbenen Frau die Vermieterin. Mit der Auseinandersetzung dieser Erbengemeinschaft wurde schließlich der Sohn zum Eigentümer der Mietwohnung. Nach einigen Streitigkeiten mit seinen Mietern kündigte er ihnen letztendlich die Wohnung wegen Eigenbedarfs und erhob eine Räumungsklage. Damit hatte er allerdings keinerlei Erfolg.

Er war zwar Eigentümer der Wohnung geworden, das hat allerdings keine Auswirkungen auf die schuldrechtlichen Beziehungen zu den Mietern. Ein erbrechtlicher Grundsatz dahingehend, dass die Erbauseinandersetzung auf Schuldverhältnisse des Erblassers bzw. der Erben mit Dritten wirkt, existiert nach Ansicht des AG schlichtweg nicht. Eine entsprechende Vertragsänderung hätte die übereinstimmenden Willenserklärungen der Miterbinnen und der Mieter benötigt. Daher war der Mann nicht zum Ausspruch einer Kündigung berechtigt gewesen. Er war zwar Eigentümer, aber nicht zum (alleinigen) Vermieter geworden.

Hinweis: Ein Erbe wird also nicht ohne weiteres Vermieter, auch nicht nach einer Erbauseinandersetzung. Und deshalb ist er auch nicht immer zu einer Kündigung berechtigt.


Quelle: AG Köln, Urt. v. 09.01.2023 - 203 C 144/22
zum Thema: Mietrecht

(aus: Ausgabe 05/2023)